mit molitor & kuzmin

Sarah-Lea Langner: Interview mit Ursula Molitor und Vladimir Kuzmin
Publiziert am 9. September 2022.

Ihr kommt aus den Bereichen Architektur und Grafikdesign. Was hat euch dazu bewogen, Künstlerin und Künstler zu werden?

Architektur und Graphikdesign sind sehr eng mit Kunst verbunden. Die Architektur ist die Mutter der Kunst! Und Grafik ist ebenfalls Kunst! In beiden Bereichen wird nicht nur angewandt, sondern sehr häufig auch künstlerisch frei gearbeitet. Insofern ist es kein großer Schritt, sich voll der Kunst zu verschreiben. Irgendwann überwog bei uns einfach der Wunsch nach einem freien künstlerischen Schaffen.

1991, im selben Jahr, als die Sowjetunion zusammenbrach und Europa nicht mehr durch den Eisernen Vorhang geteilt wurde, habt ihr eure Zusammenarbeit begonnen, das ist jetzt 30 Jahre her. Wie habt ihr euch getroffen?

Ursula: Ich hatte eine Einladung, meine Werke zusammen mit einer russischen Künstlergruppe in einer Kunsthalle in Moskau zu zeigen. Daraufhin ergab sich eine Ausstellung mit dieser Konstellation in Bergisch Gladbach. So haben sich die Kontakte weiter entwickelt und Vladimir siedelte einige Zeit später von Moskau nach Köln um.

Spielt es eine Rolle, dass ihr in verschiedenen Kulturen aufgewachsen und in verschiedenen Disziplinen ausgebildet seid?

Ja und nein, natürlich gibt es seitens der Ausbildung und Kultur unterschiedliche Grundlagen und Kenntnisse. Dies kann jedoch in einer Zusammenarbeit sogar inspirierend und fruchtbar sein. Letztendlich ist es eine Frage, wie man eine kreative Übereinstimmung findet. In unserem Fall hat sich dauerhaft eine optimale künstlerische Kooperation entwickelt und alle Werke entstehen in einem ständigen dialogischen Prozess.

Lichtungen 2015
Lichtungen 2015
Lichtungen 2015
Lichtungen 2015
Lichtungen 2015
molitor & kuzmin. LICHTUNGEN Hildesheim 2015. Foto Ricardo Nunes (10)
molitor & kuzmin. LICHTUNGEN Hildesheim 2015. Foto Sara Foerster (3)
molitor & kuzmin. LICHTUNGEN Hildesheim 2015. Foto Sara Foerster (4)
molitor & kuzmin. LICHTUNGEN Hildesheim 2015. Foto Sara Foerster (1)
molitor & kuzmin. LICHTUNGEN Hildesheim 2015. Foto Sara Foerster (2)
Lichtungen 2015
LICHTUNGEN Hildesheim 2015. Fotos: Sara Förster, Ricardo Nunes.

Wie hat sich der Fokus Licht als künstlerisches Material entwickelt?

Das war zuerst eher zufällig. Es ergab sich in einer gemeinsamen Ausstellung in einer Kölner Galerie. Wir füllten einen alten Bauschuttcontainer mit Leuchtstoffröhren und dies wurde zur Initialzündung für uns. Die verblüffende Sprengkraft des Lichts faszinierte uns. Wir entdeckten den Reiz und die Strahlkraft des künstlichen Lichts der Leuchtstoffröhre und begannen diese als Modul für weitere Objekte und raumgreifende Installationen einzusetzen.

Ihr arbeitet mit Leuchtstoff, mit Neon und mit LED-Leuchtmitteln. Wie kategorisiert ihr die verschiedenen Leuchtmittel? Wie trefft ihr eure Auswahl?

Zu Beginn war für uns der Focus auf die Leuchtstoffröhe und daneben auch auf die Neonkontur gerichtet. Die Leuchtstoffröhre kam überwiegend für räumliche Installationen infrage. Neon als Kontur für Schrift und Zeichen verbunden mit schweren Materialien wie z. B. Eisen und Blei. Hier war das Thema im Zusammenspiel vom Immateriellen und Materie von Bedeutung. LED kam erst wesentlich später zum Einsatz und zwar als sich mehr und mehr das Bewusstsein für Nachhaltigkeit und Energie sparen entwickelte und die Industrie eine Kehrtwende von der Leuchtstofflampe und der Glühbirne hin zur LED Technologie machte. Wobei wir aus künstlerischer Sicht das Verschwinden der Leuchtstoffröhre bedauern. Die Leuchtstofflampe hat einfach eine andere Ausstrahlung und Wirkung.

Lichtrouten 2006
Lichtrouten 2006
Lichtrouten 2006
LICHTROUTEN Lüdenscheid 2006. Fotos: Claus Langer.

Welche Fragen sind euch wichtig? Welchen Themenstellungen sind typisch für eure Arbeiten?

In welcher Weise definiere ich den Raum? Welch ein Charakter hat der Ort und was soll mit dem künstlerischen Eingriff erreicht werden? Will man verändern oder etwas Wesentliches unterstreichen und hervorheben? Soll die Lichtarbeit sich eigenständig behaupten oder eine Verbindung mit dem Raum eingehen? Unsere Ausrichtung ist, Licht als solches zu zeigen. Thematisch finden sich Kontraste und Paradoxien in unseren Objekten und Skulpturen.

Wenn ein Ort zum Teil des künstlerischen Materials wird, dann spricht der US- amerikanische Künstler Robert Irwin von „Conditional Art“. Die „bedingte Kunst“, so Irwin, reagiert auf ihre Umgebung, und ihr Ziel ist es, die Wahrnehmung eines Raumes durch die Betrachtenden zu vertiefen. Irwin betrachtet seine Lichtinterventionen als Werkzeuge, mit denen er „die Qualität eines bestimmten Raumes in Bezug auf sein Gewicht, seine Temperatur, seine Taktilität, seine Dichte, seine Haptik“ untersucht. Würdet ihr sagen, dass das auch für eure Arbeiten stimmt?

Ja, natürlich sind auch bei uns die Lichtinterventionen ein Abklären des Umraums und können nie nur isoliert betrachtet werden. Es ist immer ein Zusammenspiel.

molitor & kuzmin. RESPONSIVE Halifax 2017. Photo molitor & kuzmin_1500x1000
molitor & kuzmin. RESPONSIVE Halifax 2017. Foto Frankie Macaulay_1490x1000
molitor & kuzmin. RESPONSIVE Halifax 2017. Foto Frankie Macaulay (28)_1500x1000
molitor & kuzmin. RESPONSIVE Halifax 2017. Foto Frankie Macaulay (24)_1500x1000
RESPONSIVE Halifax 2017. Fotos: Frankie Macaulay.

Ihr habt euch den Eingangsbereich der Schauburg als Ort ausgesucht, was hat euch inspiriert?

Das Kassenhaus im Foyer des Filmtheaters mit seinem Charme der 30er Jahre. Es reizte uns, mit diesem Relikt aus vergangener Zeit in einen Dialog zu treten.

Könnt ihr schon etwas über eure Arbeit sagen? Was erwartet die Besucher_innen?

Come and see! Hier sollte man sich überraschen lassen.

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molitor6kuzmin. LICHTROUTEN Luedenscheid 2006. Foto.Claus Langer