mit Laurenz Theinert

Sarah-Lea Langner: Interview mit Kurt Laurenz Theinert
Publiziert am 9. September 2022

Mit dem Visual Piano machst du live Performances. Inwieweit bereitest du dich auf die St. Urbanus Kirche vor?  Welche Materialien, welches Videomaterial bringst du mit?

Die Vorbereitung betrifft in erster Linie die Architektur der Kirche, die letztlich die Position der Projektoren definiert. Da alles live und in Echtzeit generiert wird, bringe ich auch keine vorgefertigten Videoclips mit.

mit dem ELIOT QUARTETT. ION Stuttgart 2021. Video: BR Klassik

Es gibt eine große Tradition von Farb – und Klanginstrumenten. Was ist an deinem Visual Piano das Besondere?

Die spontane Spielbarkeit und die große Bandbreite der Möglichkeiten. Alle Grafiken werden in Echtzeit erzeugt und variiert, so dass ich nicht – wie ein VJ – auf Clips zurückgreife.

Du hast schon an vielen Orten mit dem Visual Piano gespielt. Welcher Ort hat dich am meisten inspiriert? Und welche Erwartungen hast du an die St. Urbanus Kirche?

Kirchen sind fantastisch für das, was ich mache. Zum einen glaube ich, dass Kunst etwas Transzendierendes hat und uns eine Welt eröffnet, die hinter oder über dem Alltag steht und die uns als Menschen verbindet. Andererseits sind Kirchen hoch und komplex in ihrer Struktur, so dass das Licht mit der Oberfläche in verschiedenen Ebenen spielt.

mit Anja Kreysing. Martin Lujter Kirche Blomberg 2021. Video: Laurenz Theinert

Die diesjährigen Goldstücke befassen sich mit dem Thema “Texturen der Stadt”. Wie siehst du deine Kunstintervention im Rahmen dieses Themas?

Das ist ein tolles Thema. Licht ist im Grunde „nur“ Oberfläche. Das, was wir Realität nennen, ist letztlich eine dünne „Haut“ aus Reflektionen. Wenn wir irgendwo in diese Oberfläche nur einen Millimeter bohren, herrscht Dunkelheit. Dies Abhängigkeit von Materie und dem Licht fasziniert mich. Ohne das Licht würden wir die materielle Welt nicht sehen, aber ohne die Reflektionen von den Dingen würden wir auch das Licht nicht sehen – es sei denn, wir schauen direkt in die Lichtquelle.

Die Installation hast du „Augenblick verweile doch – Licht, Klang und Raum im Dialog“ genannt. Was war deine Intention dabei?

Ich bin ein großer Freund von Flüchtigkeit und von Prozessen. Ein Raum macht nur Sinn, wenn er soziale und künstlerische Prozesse ermöglicht und erlebbar macht. Das verdeutlicht der Titel – wir brauchen den Raum für die Prozesse, damit entsteht der Dialog. Wir leben in einem mehr und mehr postmateriellen Zeitalter in dem die Dinge nur noch dienen und nicht mehr im Mittelpunkt stehen. Beim Carsharing z.B. kaufen wir den Prozess der Mobilität und das Auto als Ding dient lediglich dazu.

Spielst du das Visual Piano immer in Kooperation mit Musiker_innen vor Ort? Und was ist dir wichtig bei der Auswahl der Musiker_innen?

Ich muss die Musik mögen und menschlich das Gefühl haben, dass wir harmonieren. Vor allem in anderen Kulturen bin ich sehr neugierig und spiele gerne mit lokalen Musiker_innen. Allerdings habe ich auch sechs feste Programme mit Musiker_innen, die besonders gut auf das Visuelle eingehen und die ich fachlich und menschlich sehr schätze.

Du hattest ein Designbüro für Graphik und Fotographie. Welchen Einfluss haben diese Erfahrungen auf deine künstlerische Arbeit mit Licht?

Das Büro habe ich vor 20 Jahren geschlossen. Mir fehlte einfach der forschende Aspekt, den ich in der Kunst finde. Etwas anzufangen ohne zu wissen was am Ende rauskommt. Allerdings habe ich gelernt wirtschaftlich und in Investitionen zu denken. Die Fotographie war immer ein künstlerisch und die mache ich immer noch mit viel Freude und Neugier. Im Grunde sind Projektionen ja umgekehrte Fotografien, man lässt nicht das Licht aus der Realität auf einer lichtempfindlichen Fläche zeichnen, sondern zeichnet mit dem Licht in die Realität.

Kunsthaus Kloster Gravenhorst 2018. Video: Laurenz Theinert

Arbeitest du zuzeit an einem interessanten Projekt, von dem du uns gerne erzählen würdest?

Meine liebste künstlerische Forschungsarbeit ist meine Installation „The Awakening“. Eine komplexe Rauminszenierung mit präzise an die Architektur angepasste Lichtflächen, die sich langsam verändern. Ich habe sie dreimal zeigen können und freue mich immer wieder neu Varianten zu erzeugen.

Welche der anderen künstlerischen Positionen der GOLDSTÜCKE empfiehlst du den Besucher_innen und warum?

Es ist wie beim Kochen. Die einzelne Zutat – und die Zutaten der Goldstücke sind exzellent – entfaltet ihr Potenzial erst im Zusammenklang. Und Bettina Pelz, das weiß ich aus Erfahrung, ist eine herausragende Küchenmeisterin. Aber, wie in jeder Küche, steht dahinter immer ein gut eingespieltes Team.

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Bettina Pelz: Kurt Laurenz Theinert im Kunsthaus Kloster Gravenhorst (2018)

BEITRAGSBILD
Kurt Laurent Theinert